"Die
Bettler und Gauner kommen auf immer neue Tricks. In Celle auf der
Straße tun sie, als ob sie malen!!!" - " Die malen
wirklich!"
Ja,
wir malten wirklich.
Die
Cellesche
Zeitung
brachte am Donnerstag, dem 13. Oktober 2016, einen ganzseitigen
bebilderten Bericht:
Donnerstag,
13. Oktober 2016
MITTENDRIN:
REPORTAGE
Straßenkunst
Malerklasse
absolviert Meisterkurs in Celler Innenstadt
Drei
Tage lang sind sie ausgeschwärmt – bepackt mit Klappkisten,
Hockern, Malutensilien und einer Mappe mit leeren Blättern – auf
der Suche nach einem Motiv. Vom Hotel bis in die Celler Altstadt
waren es nur ein paar Schritte für die Teilnehmer des Meisterkurses
des österreichischen Künstlers Bernhard Vogel.
Nur
kurz hebt Rita Dahlem den Kopf und fixiert die Gebäude- formationen
an der Kalandgasse in der Celler Innenstadt. Dann senkt sie den Blick
und konzentriert sich wieder auf den Bogen Papier vor sich, taucht
den breiten Pinsel noch einmal kurz ins Wasserglas, zieht ihn durch
die blaugraue Farbe und malt an der Silhouette des Kirchturms der
Stadtkirche einen Schatten. Nach dem Pinselstrich prüft Dahlem die
Wirkung und setzt in Weinrot einen neuen Akzent. An manchen Stellen
auf dem Papier haben sich kleine, nasse Farbseen gebildet, an anderen
Stellen leuchtet das ursprüngliche Weiß oder wird nur von einem
Hauch transparenten Tons berührt.
Entschieden
und forsch bringt die 60 Jahre alte Malerin aus Wietzendorf in der
Lüneburger Heide ihre Linien und Flächen auf das Papier. Das Motiv
ist erkennbar und doch individuell. Man kann die stürmische Energie,
mit der das Bild entsteht, tatsächlich sehen. „Frei, aus dem
Handgelenk und unbestechlich – in ihrem ganz eigenen, wirklich
besonderen Stil – aber manchmal auch in Gefahr, übers Ziel
hinauszuschießen, nicht aufhören zu können“, sagt Bernhard Vogel
über die Werke seiner Schüler.
„CELLE
BIETET FÜR JEDEN MALER INSPIRATIONEN“
Der
Ausflug der Künstlerklasse zum Freiluftmalen nach Celle hat sich
diesmal kurzfristig ergeben. Ursprünglich sollte der Aquarell-Kursus
in der Toskana stattfinden. Probleme mit der Unterbringung haben die
Planung durchkreuzt und die Klasse statt in den Süden in die
niedersächsische Residenzstadt gebracht.
Es
ist nicht das erste Mal, das Bernhard Vogel seine Schüler hierher
bringt. „Celle bietet für jeden Maler eine Fülle von Inspiration
und Perspektiven. Mich reizen die Statik, die Konstruktion der
Gebäude und Häuserfluchten. Die vielen Formen, zueinander in
Korrespondenz, verschachtelt, komplex ... Es ist diese Ästhetik und
Komposition, nach der ich meine Motive aussuche. Das, was ich sehe,
muss mich spontan erfreuen.“
Der
Salzburger Künstler hat diese spontane Freude schon an manchen Ecken
der Stadt empfunden. Seine sehr speziellen Städteansichten in
Aquarell gehören – neben seinen åfloralen Bildern – zu den
Werken, die ihn bekannt gemacht haben. Ute Halbach-Meinecke hat
Bernhard Vogel schon vor vielen Jahren für ihre Galerie auf dem
Großen Plan in Celle entdeckt. Die beiden haben etliche
Ausstellungen zusammen gemacht. Auch diesmal hat der Maler diese
freundschaftliche Verbindung genutzt, um mit seiner Malklasse ein
neues Reiseziel anzupeilen.
Rita
Dahlem freut das besonders. „Ich war schon mehrere Male in seinen
Kursen, in Salzburg und in der Toskana. Bernhard inspiriert und
motiviert mich. Aber der Weg ist doch immer sehr aufwendig. Diesmal
in Celle zu malen – fast ein bisschen Heimat – macht mich
glücklich.“
Elke
Herzog aus Hamburg ist aus anderen Gründen glücklich darüber,
Mitglied dieses Kurses zu sein. Sie ist eine der Ältesten der Klasse
und eigentlich ist Aquarellmalerei nicht ganz ihr Genre. Zu Hause in
ihrem Atelier bevorzugt sie Öl. „Aber seit ich vor vielen Jahren
zum ersten Mal in einer Ausstellung von Bernhard Vogel war, hat mich
seine Malweise fasziniert. Deshalb versuche ich mich immer wieder
einmal auch in Aquarelltechnik.“ Das hier in Celle ist schon
mindestens ihr zehnter Kursus bei dem österreichischen Künstler.
PASSANTEN
SCHAUEN KÜNSTLERN ÜBER SCHULTER
Ein
Becher mit Wasser, ein Aqua- rellmalkasten und eine Auswahl von
Pinseln – mehr braucht es nicht, um ein Bild auf ein Blatt Papier
zu brin-
gen.
Dass es trotzdem nicht so ein- fach ist, ein reizvolles Motiv indivi-
duell aufs Papier zu bringen, davon können die Maler aus ganz
Deutsch- land ein Lied singen. Dick einge- mummelt, um die vielen
Stunden im Freien bei herbstlichen Temperatu- ren gut zu überstehen,
mit farbbe- klecksten kalten Fingern, mit steif gewordenen Rücken
und Gliedern, versuchen sie ihr Bestes, ihrem Lehrer und sich selbst
gerecht zu werden und der eigenen Malweise treu zu bleiben. Nicht oft
sind die ehrgeizigen Schüler mit dem Resultat zufrieden.
Die
zahlreichen Passanten in der Altstadt von Celle sehen das anders.
Immer wieder bleiben Menschen ste- hen, schauen den Malenden
neugierig und interessiert über die Schulter und geben bewundernde
Kommenta- re von sich. Sogar ein Stück Sehn- sucht scheint bei
manchem hochzu- kommen. „So würde ich gerne auch malen können“,
sagt eine junge Frau, zwei kleine Kinder fest an der Hand, die sich
am liebsten sofort auf Farben und Pinsel stürzen möchten. Und eine
ältere Dame erzählt, dass sie früher auf Reisen ihr Tagebuch auch
mit kleinen Aquarellen ergänzt habe. Von „echt voll krass“ bis
„einfach entzückend“ bekommen die Malenden eine ganz andere Form
der Anerkennung entgegengebracht.
„MALEREI
BRAUCHT LUFT UND FREIHEIT“
Auch
Bernhard Vogel pendelt, die eigene Arbeit immer wieder unter-
brechend, zwischen Conny, Kurt, Rosemary und Manfred – und allen
anderen Schülern – um sich die Werke in Etappen anzusehen. Ein
Ratschlag hier, ein paar aufmunternde Worte dort. Der Österreicher
gibt seine Er- fahrungen gerne an andere weiter. „Eine gute Portion
Empathie gehört dazu. Ich versuche, die Maler aufmerksam zu machen,
sich auf ihre eigene Ausdruckskraft, ihren Stil, ihre Möglichkeiten
einzulassen. Die Malerei braucht Luft und Freiheit, sich zu entfalten
– je mehr man nachdenkt, sie zu zügeln versucht, um so gemachter
und gezwungener wirkt es. Ich sehe mich als Mentor. Die meisten
entmutigen sich selbst, trauen sich nichts zu – aber gerade das
Selbstvertrauen in die eigene Arbeit ist ganz wichtig, ebenso, wie zu
lernen, sich und seine Arbeit besser einzuschätzen.“
Nach
drei Tagen und einer detaillierten Abschlussbesprechung sind die
Kursteilnehmer wieder abgereist – auch Bernhard Vogel, er ist
zurück nach Salzburg gefahren. Die Celler werden allerdings nicht
lange auf ihn und seine Arbeiten warten müssen. Ute Halbach-Meinecke
organisiert gerade eine neue Ausstellung mit dem Künstler in ihrer
Galerie.
Doris
Hennies
Die
Vernissage zur Ausstellung findet am Freitag, 11. November, in der
Galerie Halbach,
Großer Plan 14, statt.
Lebenslauf
Bernhard Vogel
1961
geboren
in Salzburg
1979
Matura
(Humanistisches Gymnasium)
1981
Handelsakademiekolleg
1983
Aquarellseminare
bei Irma Rafaela Toledo
1985
Sommerakademie
Salzburg bei Anton Lehmden
1987
freischaffender
Künstler und Beginn der Ausstellungstätigkeit als Aquarellist
1990
Erste
Ausstellung in London (zahlreiche Ausstellungen und Auszeichnungen
folgten)
1991
Stipendium
als Stadtmaler in Leverkusen (Bayer AG)
1999
Eröffnung
eines eigenen Kursateliers in Salzburg
Kommentare
zu Fotos:
Ein
Becher mit Wasser, ein Aquarellmalkasten und eine Auswahl von Pinseln
– mehr braucht es nicht, um ein Bild auf ein Blatt Papier zu
bringen.
Den
österreichischen Künstler Bernhard Vogel reizen die Statik, die
Konstruktion der Gebäude und die Häuserfluchten in Celle.
Bernhard
Vogel sieht sich die Werke von Rosemary Remstedt (links) und Gabriele
Rinkleff an und gibt den Teilnehmern des Meisterkurses in Celle
wertvolle Tipps.
Die
Teilnehmer des Meisterkurses reisten aus ganz Deutschland an. So wie
Ursula Dölker aus der Nähe Tübingens.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen